Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und -nachweis

Im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer zwei Pflichten. Er muss den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit informieren und diese nachweisen. Die Anzeigepflicht gilt für alle Arbeitnehmer.

§ 5 EntgeltfortzahlungsG hat die Anzeigepflicht einheitlich für alle Arbeitnehmer geregelt. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich – nach § 121 BGB bedeutet dies „ohne schuldhaftes Zögern“ – über die eingetretene Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Die Anzeige der Erkrankung hat grundsätzlich am ersten Krankheitstag und zwar zu Arbeitsbeginn bzw. vor Arbeitsbeginn zu erfolgen.

Beachte: Aus dem Gesetzeswortlaut, wonach die Anzeige unverzüglich zu erfolgen hat, folgt, dass eine briefliche Anzeige angesichts der Postlaufzeit als eine verschuldete Verspätung angesehen werden könnte. Deshalb ist den Arbeitnehmern zu raten, die Anzeige unverzüglich mündlich, telefonisch, per Fax, SMS oder E-Mail zu machen, es sei denn, der Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder aber Arbeitsvertrag sehen etwas anderes vor.

Der Nachweis erfolgt in der Regel durch eine sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes. Der Arzt hat eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vorzunehmen. Er hat weiter auszuführen, ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt. Weiterhin muss aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hervorgehen, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist und weiterhin muss eine Angabe der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Nicht zu verkennen ist, dass der Arzt die Arbeitsunfähigkeit für eine vor der ersten Inanspruchnahme des Arztes liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigen darf. Nur ausnahmsweise ist eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag oder eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit zulässig. Ob eine Ausnahme vorliegt, ist im Einzelfall gesondert zu prüfen.

Es gibt grundsätzlich keinerlei Anspruch des Arbeitgebers auf Bekanntgabe der Art der Erkrankung. Nur bei entsprechenden Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kann er den medizinischen Dienst der Krankenkasse beauftragen, eine Untersuchung des Arbeitnehmers vornehmen zu lassen.

Nicht verkannt werden darf auch, dass der Arbeitgeber die Umstände, die gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sprechen, im Falle eines Rechtsstreites darzulegen und zu beweisen hat. Nach der Rechtsprechung des BAG spricht für die inhaltliche Richtigkeit des ärztlichen Attestes der Beweis des ersten Anscheins. Dieser Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann dadurch erschüttert werden, dass der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, die zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit führen. Dies führt dazu, dass die grundsätzlich dem Arbeitgeber obliegende Darlegungs- und Beweislast wieder beim Arbeitnehmer liegt. In folgenden Fällen kann der Beweiswert des ärztlichen Attestes grundsätzlich erschüttert werden:

Ankündigung einer Erkrankung durch den Arbeitnehmer;
Erkrankung nach Ablehnung eines Urlaubsantrages im beantragten Urlaubszeitraum;
wiederholte Erkrankung von ausländischen Arbeitnehmern jeweils im Anschluss an den Heimaturlaub etc.
Nicht ausreichend sind grundsätzlich Abwesenheit des Arbeitnehmers aus seiner Wohnung, Besorgungs- oder Einkaufsgänge des Arbeitnehmers, Spaziergänge oder leichte sportliche Betätigung.