Rechtsstellung und Begriff des Kaufmanns

Die Bestinnungen des Handelsrechts gelten grundsätzlich nur für Kaufleute. Entscheidend ist daher, wer Kaufmann ist. Hierbei ist die jeweilige Form zu unterscheiden:

1) lstkaufmann (§ 1 HGB) = derjenige, welcher ein Handelsgewerbe betreibt:

a) Gewerbe i. S. d. HGB = jede selbständige, nicht hoheitliche, nach außen gerichtete und planmäßige Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht.

  • Selbständigkeit = rechtliche Selbständigkeit des Inhabers (vgl. § 84 I 2 HGB)
  • Offen = die unternehmerische Tätigkeit muss nach außen erkennbar sein.
  • Planmäßig: Tätigkeit muss planmäßig erfolgen und auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften gerichtet sein. Unschädlich ist, dass die Tätigkeit nur auf einen kurzen Zeitraum beschränkt ist. Auch die Größe des Geschäftsvolumens ist nicht von Bedeutung.
  • Gewinnerzielungsabsicht: Es genügt die Absicht, Gewinn erzielen zu wollen. Bei entgeltlichen Tätigkeiten von Privatpersonen wird eine Gewinnerzielungsabsicht vermutet!
  • Kein wissenschaftlicher, künstlerischer, sportlicher, gemeinnütziger oder freier Beruf (z. B. Architekten, Dolmetscher, Übersetzer, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater).
  • Erlaubtheit: Anwendbarkeit des Handelsrechts hängt aber nicht von der gewerberechtlichen Rechtmäßigkeit des Betriebs ab.

b) Erforderlichkeit eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs.

  • Auch wenn alle Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs gegeben sind, könnte ein Gewerbebetrieb (ausnahmsweise) nach § 1 II HGB dennoch nicht als Handelsgewerbe i. S. d. Handelsrecht gelten, wenn das Unternehmen nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

c) Betreiben eines Handelsgewerbes: Kaufmann ist, in dessen Namen das Gewerbe betrieben wird, also derjenige, welcher aus den im Unternehmen geschlossenen Geschäften berechtigt wird und der für die Verbindlichkeiten persönlich haftet.

  • Im Einzelnen bedeutet dies in der Regel:
    • Insolvenzverwalter ist kein Kaufmann.
    • Minderjährige kommen als Kaufleute in Betracht.
    • Der Erbe wird Kaufmann durch Fortführung des ererben Geschäfts.
    • Gesellschaften können Unternehmensträger sein.
    • Anteilseigner von Kapitalgesellschaften sind keine Kaufleute.
    • Kommanditisten sind keine Kaufleute.
    • Persönlich haftende Gesellschafter von OHG und KG sind Kaufleute, soweit sie für die Gesellschaft tätig werden.

d) Ende der Kaufmannseigenschaft: Die Kaufmannseigenschaft endet durch den Tod des Kaufmanns und bei Einstellung des Geschäftsbetriebs.

2) Kannkaufmann (Kleingewerbetreibende gern. § 2 HGB)

a) Da der kleingewerbliche Unternehmer (Kleingewerbetreibender) gerade nicht lstkaufmann sein kann, bedarf seine Verwandlung vom Nichtkaufmann zum Kaufmann, also seines Gewerbes zu einem Handelsgewerbe, eines separaten Begründungsaktes. Der Begründungsakt ist die Eintragung im Handelsregister und wirkt folglich konstitutiv.

b) Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, unterscheidet sich der Kaufmann nach § 2 HGB hinsichtlich der der rechtlichen Konsequenzen nicht mehr vom lstkaufmann nach § 1 HGB.

c) Zusätzlich zum Tod des Kaufmanns und der Einstellung des Geschäftsbetriebs führt auch die Löschung im Handelsregister zum Ende der Kaufmannseigenschaft.

3) Kannkaufmann (Land- und Forstwirte gern. § 3 HGB)

a) Auch dem Land oder Forstwirt überlässt das Gesetz die Entscheidung, durch konstitutive Handelsregistereintragung gern. § 3 HGB Kaufmann zu werden.

b) Voraussetzung hierfür ist eine Unternehmensgröße, wie sie für die Bestimmung des Handelsgewerbes Maß gibt.

4) Fiktivkaufmann (Kfm kraft Eintragung gem. § 5 HGB)

a) § 5 II HGB setzt stets voraus, dass überhaupt ein Gewerbe betrieben wird.

b) Ist keine Gewerbebetrieb gegeben, kann nach § 15 I HGB die sog. negative Publizität des Handelsregisters Anwendung finden.

5) Formkaufmann (§ 6 II HGB)

a) Kaufleute kraft Rechtsform sind v. a. folgende Gesellschaften:

  • AG (§ 3 AktG)
  • KGaA (§§ 278 III, 3 AktG)
  • GmbH (§ 13 III GmbHG)
  • e. G. (§ 17 II GenG)

b) Auch die Formkaufmannseigenschaft setzt die Eintragung in das Handelsregister voraus!

6) Scheinkaufmann (gern. Rechtsscheingrundsätze):

Die Annahme des Vorhandenseins eines Scheinkaufmanns setzt voraus:

a) Rechtsscheintatbestand (= Rechtsscheingrundlage)

  • Hierunter ist jeder Vertrauenstatbestand zu verstehen, z. B. die Behauptung, Kaufmann zu sein durch Verwendung des Zusatzes e. K.

b) Zurechenbarkeit des Rechtsscheins(= Veranlassung).

  • Der Rechtsschein ist zurechenbar, wenn der Nichtkaufmann selbst oder ein für ihn befugtermaßen auftretender Vertreter:
    • Diejenigen Tatsachen verursacht, die den falschen Eindruck beim Dritten begründen.
    • Wenn diese Folge für ihn erkennbar war und
    • Wenn er die Möglichkeit hatte, diese Tatsache zu beseitigen.

c) Schutzbedürftigkeit des Dritten (= Gutgläubigkeit)

  • Die Schutzbedürftigkeit des Dritten entfällt, wenn er Kenntnis von der wahren Rechtslage hat oder sie ihm in Folge zumindest grober Fahrlässigkeit unbekannt ist.

d) Handeln in Kenntnis des Rechtsscheintatbestands

  • Der Dritte muss in Kenntnis des Rechtsscheintatbestandes gehandelt haben.

e) Kausalität

  • Der Dritte muss zudem im Vertrauen eine Disposition (etwa den Abschluss eines Handelskaufvertrags) getroffen haben, für die der Rechtsscheintatbestand ursächlich (= kausal) geworden ist.